'Ich kaufe bei meinem Bauern'
Trendsetter Bauernhof - jung, frisch, modern, nachhaltig

Frau mit Kleinkind zapft Nudeln aus einem Glasbehälter in Hofladen

© Angelika Warmuth / StMELF

Regionale Produkte boomen – und der Boom hält an. Noch aber profitieren davon am meisten Discounter und Supermärkte.

Wie landwirtschaftliche Betriebe ihre frischen und qualitätsvollen Produkte direkt an den Verbraucher bringen, erfuhren Landwirtinnen und Landwirte beim Oberpfälzer Direktvermarktertag unter dem Motto "Trendsetter Bauernhof – jung, frisch, modern, nachhaltig" der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) in der Oberpfalz Ende März 2023.

Das Schöne mit dem Nützlichen verbinden

Das größte Aushängeschild ist der Bauernhof selbst.
"Wer Produkte Ab-Hof verkauft, unterstreicht deren Regionalität durch regionales und traditionelles Bauen", erklärt Rainer Mense.

Der studierte Architekt ist Fachberater für landwirtschaftliches Bauen am AELF Bayreuth-Münchberg. In seinem Vortrag "Bäuerliche Architektur – das Erscheinungsbild des Bauernhofs als Teil des Marketingkonzeptes" schärfte er den Blick und das Bewusstsein der Teilnehmer, welchen Unterschied eine gute landwirtschaftliche Baukultur im Vergleich zum gewöhnlichen Zweckbau macht. Gutes Bauen zeichnet sich dadurch aus, dass man regionale Bautraditionen beachtet, nachhaltige, natürliche und im besten Fall regionale Baustoffe verwendet und die Lage des Baukörpers in der Landschaft berücksichtigt. Leitbild dabei: Das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden.

Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Betritt der Kunde den Hofladen, fällt ihm dann sofort die Verpackung der Produkte auf. Sind sie wertig verpackt? Wird viel Plastik verwendet? Ist die Verpackung umweltfreundlich? Das sind Fragen, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dr. Sophia Goßner von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) bot in ihrem Vortrag nachhaltige Lösungsansätze in Sachen Verpackung.
"Der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit sind Monomaterialien", erklärt Goßner.

Darunter versteht man Verpackungen aus einem Material, das auf Verbundstoffe verzichtet. Gegebenenfalls können Direktvermarkter auch einfach trennbare Materialien einsetzen, wie zum Beispiel einen Kunststoffbecher mit Papierbanderole und dem Hinweis, dass diese nach Gebrauch getrennt werden sollen. Die Gesamtökobilanz von Biokunststoffen hingegen sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht besser als die von konventionellen Produkten.

Was wirklich zählt: Am Verkaufsort auffallen und guter Geschmack

Aber wie soll man in die Direktvermarktung einsteigen? Dazu hatte Andreas Burkhardt, Geschäftsführer des Food-Startups 'Naturglück', eines regionalen Bio-Haferdrinks aus dem Landkreis Augsburg, drei Dos und zwei Don’ts mitgebracht. Bei der Entwicklung des Bio-Haferdrinks habe sich bewährt, dass sie bei Naturglück diese nicht selbst hergestellt, sondern an einen Lohnhersteller ausgelagert hätten. Außerdem sei, sobald man Produkte in den Lebensmitteleinzelhandel bringen möchte, eine gute persönliche Beziehung zu den Kaufleuten nach dem Prinzip "Durchs Reden kemman d’Leit zam" äußerst hilfreich. So kann der Direktvermarkter Stück für Stück ein breites Netzwerk aufbauen und stets die Kontakte pflegen.
Sein dritter Tipp: Ein Startup braucht dringend ein professionelles Design. Das bedeutet: Nicht selbst in Word oder Power Point ein Logo entwerfen, sondern Fachleute ranlassen. Im Internet gebe es mittlerweile schon Dienstleister, die das für kleines Geld anbieten. Zwei Dinge kann Burkhardt allerdings auf keinen Fall empfehlen: Zum einen Online-Marketing und Social Media überzubewerten. Man lasse sich da leicht blenden. "Was wirklich zählt ist, am Verkaufsort aufzufallen, und natürlich ein sehr guter Geschmack." Außerdem empfiehlt er, nicht alles gleichzeitig zu machen, sondern immer einen Fuß vor den anderen zu setzen.

Drei Tipps vom Direktvermarkter:

  • Produktion an Lohnhersteller auslagern
  • guter persönlicher Kontakt zu den Kaufleuten
  • professionelles Design

Direktvermarktung ein Megatrend

"Rund zehn Prozent der 100 000 landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern verkaufen bereits ihre Produkte direkt ab Hof", erklärte Referentin Sabine Biberger vom AELF Ingolstadt-Pfaffenhofen. Begünstigt wurde der Trend zur Direktvermarktung durch Corona. Die Pandemie sorgte für ein deutliches Umsatzplus. Rund sechs Prozent mehr neue Kunden konnten in der Ab-Hof-Vermarktung gewonnen werden. Viele Betriebe entschlossen sich, neu in die Direktvermarktung einzusteigen. "
"Auch wenn der Krieg in der Ukraine und die Inflation für eine Delle sorgten. Der Boom hält nach wie vor an", so Biberger. Für Kunden werde immer wichtiger, dass die Produkte regional und nachhaltig erzeugt sind. "Die Globalisierung ruft in uns das Bedürfnis nach Verortung hervor." Eine Entwicklung, der durch die ständigen Krisen in den Nachrichten sogar noch verstärkt wird.

Auf Emotionen setzen

Es ist zunehmend wichtiger, den Kunden auch emotional anzusprechen. "Und da haben unsere bäuerlichen Direktvermarkter gute Karten", findet Biberger. Schließlich stellten sie frische, handwerkliche und qualitativ hochwertige Lebensmittel her. Dank kurzer Transportwege auch mit einer hervorragenden CO2-Bilanz – und Erlebnischarakter. Holt man zum Beispiel seine Eier vom Bauern, kann man den Hühnern auch noch gleich einen Happen zum Füttern mitbringen.
Biberger fasst zusammen: "Das Motto sollte sein: ‚Ich kaufe bei meinem Bauern."